
Abgesehen davon, dass es gewisse Mindestabstandsflächen gibt, können die einzuhaltenden Abstandsflächen nur im Rahmen eines konkreten Vorhabens anhand eine konkreten Entwurfs ermittelt werden. Der Entwurf muss zumindest die sog. Kubatur des Gebäudes, also dessen äußeren Form (ohne Fenstern und Türen) enthalten. Es empfiehlt sich immer, die Abstandsflächen von einem Experten ermitteln zu lassen.
Nachfolgende wird ein Teil der Regelungen zu den Abstandsflächen in Bayern gem Art. 6 BayBO geschildert.
Wann ist eine Abstandsfläche einzuhalten?
In Bayern gelten grundsätzlich folgende Abstandsflächen.
Vor den Außenwänden von Gebäuden sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Eine Abstandsfläche ist nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf (geschlossene Bauweise).
Wo darf die Abstandsfläche liegen?
Abstandsflächen müssen grundsätzlich auf dem Grundstück selbst liegen. Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrs-, Grün- und Wasserflächen liegen, jedoch nur bis zu deren Mitte. Abstandsflächen sowie Abstände dürfen sich ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden, oder wenn der Nachbar gegenüber der Bauaufsichtsbehörde schriftlich zustimmt (Abstandsflächenübernahme); die Zustimmung des Nachbarn gilt auch für und gegen seinen Rechtsnachfolger. Abstandsflächen dürfen auf die auf diesen Grundstücken erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden.
Die Abstandsflächen dürfen sich, abgesehen von einigen Ausnahmen grundsätzlich nicht überdecken.
Wo tief muss die Abstandsfläche sein?
Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur Wand gemessen. Wandhöhe ist das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand.
Die Höhe von Dächern mit einer Neigung von bis einschließlich 70 Grad wird zu einem Drittel der Wandhöhe, von Dächern mit einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Wandhöhe hinzugerechnet. Das sich ergebende Maß ist H.
Die Tiefe der Abstandsflächen beträgt 0,4 H, in Gewerbe- und Industriegebieten 0,2 H, jeweils aber mindestens 3 m.
Können die Gemeinden die Tiefe der Abstandsflächen selbst festsetzen?
Durch städtebauliche Satzung oder eine Satzung nach Art. 81 BayBO kann ein abweichendes Maß der Tiefe der Abstandsfläche zugelassen oder vorgeschrieben werden.
Was gilt in Gemeinden mit mehr als 250.000 Einwohnern?
Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 beträgt die Abstandsfläche in Gemeinden mit mehr als 250 000 Einwohnern außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten sowie festgesetzten urbanen Gebieten 1 H, mindestens jedoch 3 m, wenn die nähere Umgebung überwiegend durch Gebäude der Gebäudeklassen 1, 2 oder 3 geprägt ist. Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,5 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.
Welche Gebäudeteile bleiben bei den Abstandsflächen außer betracht?
Bei der Bemessung der Abstandsflächen bleiben außer Betracht
1. vor die Außenwand vortretende Bauteile wie Gesimse und Dachüberstände,
2. untergeordnete Vorbauten wie Balkone und eingeschossige Erker, wenn sie
a) insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der Außenwand des jeweiligen Gebäudes, höchstens jeweils 5 m, in Anspruch nehmen,
b)nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und
c)mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben,
3.bei Gebäuden an der Grundstücksgrenze die Seitenwände von Vorbauten und Dachaufbauten, auch wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden,
4. Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung an bestehenden Gebäuden, wenn sie
a)eine Stärke von nicht mehr als 0,30 m aufweisen und
b)mindestens 2,50 m von der Grundstücksgrenze zurückbleiben.
Was darf in den Abstandsflächen stehen?
In den Abstandsflächen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind, auch wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden, zulässig
1. Garagen einschließlich ihrer Nebenräume, überdachte Tiefgaragenzufahrten, Aufzüge zu Tiefgaragen und Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m, wobei die Höhe von Dächern mit einer Neigung von mehr als 45 Grad zu einem Drittel, mit einer Neigung von mehr als 70 Grad voll der Wandhöhe hinzugerechnet wird; Giebelflächen bleiben bei einer Dachneigung bis zu 45 Grad unberücksichtigt,
2.gebäudeunabhängige Solaranlagen mit einer Höhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m,
3.Stützmauern und geschlossene Einfriedungen in Gewerbe- und Industriegebieten, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 2 m.
Die Länge der die Abstandsflächentiefe gegenüber den Grundstücksgrenzen nicht einhaltenden Bebauung nach den Nrn. 1 und 2 darf auf einem Grundstück insgesamt 15 m nicht überschreiten.